Besteuerung
Steuer-Szenarien für die Nutzung von Circles in Deutschland
Die Besteuerung hängt vom Land deines Steuerwohnsitzes ab. Wir bieten keine Steuerberatung an und raten dir, dich diesbezüglich an eine/-n Expert/-in zu wenden. Hier findest du Informationen zur Besteuerung für konkrete Fälle wirtschaftlicher Tätigkeiten mit Circles (CRC) auf Grundlage des deutschen Steuerrechts.
SCHRITT 1: MINTING
Anfangssaldo:
Helga: 0 Helga-Tokens
Nico: 0 Nico-Tokens
Ablauf:
Die Privatpersonen Helga und Nico generieren (“minten”) jeweils 720 Helga- bzw. Nico-Tokens pro Monat.
Schlusssaldo:
Helga: 720 Helga-Tokens
Nico: 720 Nico-Tokens
FRAGE:
Ist dieses Verfahren steuerneutral und regulatorisch einwandfrei?
ANTWORT:
Bei Privatpersonen (wie Helga und Nico) stellt das Minten von Tokens einen steuerpflichtigen Zufluss von Tokens dar, der nach §22 Nr. 3 EStG zu bewerten ist. “Minting” kann mit “Staking” verglichen werden. Der Wert der Tokens kann in CRC ermittelt werden. Die Helga- und Nico-Tokens sind zwar nicht börsennotiert, können aber jederzeit im Verhältnis 1:1 in CRC umgetauscht werden. Wenn der Wert der Nico- und Helga-Tokens beim Minting 1 € pro 10 CRC beträgt, wird der Zufluss von Helga- und Nico-Tokens ebenfalls mit diesem Wert bewertet. Da die Tokens nicht gekauft wurden, fällt bei ihrem Verkauf keine Steuer an. Sie können jederzeit steuerfrei verkauft oder in CRC umgetauscht werden. Aus regulatorischer Sicht ist das Verfahren unproblematisch.
SCHRITT 2: Serviceleistungen zwischen Privatpersonen
Anfangssaldo:
Helga: 1000 Helga-Tokens
Nico: 1000 Nico-Tokens
Ablauf:
Helga bittet Nico, in ihrer Abwesenheit ihre Blumen zu gießen. Dafür bezahlt sie 200 CRC.
Nico backt die besten Cupcakes in der Nachbarschaft. Helga kauft einen Teller Cupcakes für 200 CRC.
Schlusssaldo:
Helga: 600 Helga-Tokens
Nico: 1000 Nico-Tokens, 400 Helga-Tokens
FRAGE:
Ist dieses Einkommen für Nico steuerpflichtig? Wenn Nico viele Cupcakes backt und alle Pflanzen in der Nachbarschaft gießt, dies aber nicht beruflich tut, kann er dann ein so hohes Einkommen erzielen, dass es steuerpflichtig ist?
ANTWORT:
Das hängt von der Höhe des Einkommens ab, das Nico mit dem Blumengießen und dem Verkaufen von Cupcakes verdient: Wenn Nico einen Vollzeitjob hat, darf er bis zu 520 Euro (2023) im Jahr steuerfrei nebenbei verdienen (siehe § 46, Abs 2 Nr. 1 EStG). Wenn Nico regelmäßig und dauerhaft Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, muss er ein Gewerbe anmelden und sein Einkommen versteuern. Unter bestimmten Voraussetzungen muss er zudem Umsatzsteuer abführen, wenn er die Einkommensgrenze für KleinunternehmerInnen nach §19 UstG überschreitet. Aus steuerlicher Sicht ist der Cupcake-Verkauf dann die Haupteinnahmequelle und stellt somit eine gewerbliche Tätigkeit dar. Bis zum Grundfreibetrag von 10.908 Euro pro Jahr (Stand: 2023) ist dies jedoch steuerfrei.
SCHRITT 3: GEWERBLICHER HANDEL
Anfangssaldo:
Helga: 2000 Helga-Tokens
Nico: 2000 Nico-Tokens
Circles Coop: 0 Nico-Token, 0 Helga-Tokens
Ablauf:
Die Privatpersonen Helga und Nico kaufen beim gewerblichen Händler Circles Coop jeweils für 2000 CRC fünf Gemüsekisten im Gesamtwert von 400 Euro.
Schlusssaldo:
Helga: 0 Helga-Tokens
Nico: 0 Nico-Tokens
Circles Coop: 4000 CRC (2000 Nico-Tokens + 2000 Helga-Tokens)
FRAGE:
1) Ist dieser Prozess regulatorisch einwandfrei?
2) Welche Steuern werden dabei in der Buchhaltung der Circles Coop berechnet?
3) Wie sieht die Rechnung der Circles Coop an Nico aus?
4) Welche Informationen benötigt die Steuerberaterin der Circles Coop, um korrekte Buchungen vornehmen zu können?
ANTWORT:
1) Ja, der einzige Unterschied zu einer normalen Geschäftstransaktion besteht darin, dass die Waren nicht in einer Fiat-Währung wie Euro, sondern in einer Komplementärwährung bezahlt werden. Dies ist im regulatorischen Sinn irrelevant.
2) Da es sich bei einer Genossenschaft um eine bilanzierende Gesellschaft handelt, werden die Gemüsekisten beim Verkauf aus den Aktiva der Genossenschaft entfernt. Da es sich um ein Tauschgeschäft handelt, werden die Tokens gemäß § 6 Abs. 6 S. 1 EstG mit dem Verkehrswert der Gemüsekisten bilanziert. Dies führt zu einem steuerpflichtigen Gewinn.
3) Beim Verkauf von Waren (Gemüsekisten) gegen Komplementärwährungen fällt eine Gebühr in Höhe des Verkaufspreises und in Form einer Komplementärwährung an. Für die Nutzung von CRC für die Zahlung dieser Gebühr fällt keine Umsatzsteuer an. Die gekauften Waren und Dienstleistungen unterliegen allerdings der regulären Umsatzsteuer. Das bedeutet, dass sich die Besteuerungsgrundlage grundsätzlich nach dem Wert der jeweiligen Komplementärwährung und damit nach der Wertschätzung in Fiatgeld richtet, woraus sich wiederum die Höhe der Umsatzsteuer ergibt. Nur der Verkauf von Komplementärwährungen gegen Fiatgeld und der Tausch von Komplementärwährungen ist gemäß Urteil des EuGH nach § 4 Nr. 8 b UStG steuerfrei. Auf der Rechnung muss die Umsatzsteuer wie bei einer normalen Rechnung entsprechend ausgewiesen werden. Der Preis der Gemüsekiste in Euro wird in CRC umgerechnet und entsprechend angegeben. Der Wert in Euro muss ebenfalls angegeben werden.
4) Für die Steuererklärung benötigt die Steuerberaterin den Betrag der erhaltenen CRC und den Gesamtwert der Gemüsekisten zum Zeitpunkt des Verkaufs. Beides ist auf der Rechnung auszuweisen.
SCHRITT 4: Dienstleistung
Anfangssaldo:
Circles Coop: 4000 CRC (2000 Nico-Tokens + 2000 Helga-Tokens)
Circle Startup Agentur Verein: 0 Nico-Tokens
Ablauf:
Der wirtschaftlich orientierte Circle Startup Agentur Verein schreibt einen Blogartikel für den gewerblichen Händler Circles Coop über die Besteuerung von CRC für Unternehmen. Der Verein stellt daraufhin eine Dienstleistungsrechnung an die Circles Coop aus.
Schlusssaldo:
Circles Coop: 0 CRC
Circle Startup Agentur Verein: 4000 CRC
FRAGE:
1) Gelten hierbei die gleichen Regeln für B2B-Geschäfte (zwischen Unternehmen) wie für B2C-Geschäfte (zwischen Unternehmen und Kund/innen)?
ANTWORT:
1) Ja, es gelten die gleichen Regeln wie für B2C-Geschäfte. Die Rechnung muss den Wert der CRC in Euro und die Menge an CRC ausweisen. Die Mehrwertsteuer ist separat auszuweisen, einschließlich der Menge an CRC und des Wertes in Euro.
SCHRITT 5: Arbeitsverhältnis
Anfangssaldo:
Helga: 1000 Helga-Tokens
Nico: 1000 Nico-Tokens
Circles Coop: 1000 CRC
Circle Startup Agentur Verein: 4000 CRC (2000 Helga-Tokens + 2000 Nico-Tokens)
Ablauf:
Nico erhält als aktives Vorstandsmitglied des Circle Startup Agentur Vereins ein monatliches Nettogehalt von 1.000 Euro.
Er akzeptiert die Zahlung des Gehalts in Form von 750 Euro und 2500 CRC.
Schlusssaldo:
Helga: 1000 Helga-Tokens
Nico: 3500 CRC (2250 Nico-Tokens + 1250 Helga-Tokens)
Circles Coop: 1000 CRC
Circle Startup Agentur Verein: 1500 CRC (750 Helga-Tokens + 750 Nico-Tokens)
FRAGE:
Kann der Verein das Gehalt seiner Angestellten teilweise in CRC zahlen, sofern diese CRC akzeptieren?
ANTWORT:
Grundsätzlich ja, aber die Bedingungen sollten im Arbeitsvertrag entsprechend festgelegt werden. Nach § 107 GewO Abs. 1 ist das Gehalt in Euro zu zahlen. Allerdings kann nach § 107 GewO Abs. 2 das Gehalt auch Sachleistungen in Höhe von ca. 25 % enthalten, d. h. 25 % des Gehalts können in CRC gezahlt werden. Es muss dafür möglich sein, den Wert der CRC in Euro zu bestimmen. Zu beachten ist auch, dass die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge je nach Höhe des Gehalts in Euro zu zahlen sind.
SCHRITT 6: Vereinsmitglieder
Anfangssaldo:
Helga: 1000 Helga-Tokens
Nico: 5000 CRC (3000 Nico-Tokens + 2000 Helga-Tokens)
Circle Startup Agentur Verein: 0 CRC
Verfahren:
Die Privatpersonen Helga und Nico werden Fördermitglieder von Nicos Circle Startup Agentur Verein. Sie zahlen jeweils einen Mitgliedsbeitrag von 300 CRC/Monat und erhalten ein Stimmrecht darüber, welche Projekte in den Verein aufgenommen und mit den Mitgliedsbeiträgen unterstützt werden (z. B. neue Circles Startup-Unternehmen).
Schlusssaldo:
Helga: 700 Helga-Tokens
Nico: 4700 CRC (2700 Nico-Tokens + 2000 Helga-Tokens)
Circle Startup Agentur Verein: 600 Circles-Tokens (300 Nico-Tokens + 300 Helga-Tokens)
FRAGE:
1) Kann der Verein zur Zahlung der Mitgliedsbeiträge auch CRC annehmen?
2) Sind auf die Mitgliedsbeiträge Steuern zu zahlen?
ANTWORT:
1) Ja, aber nach § 58 Nr. 2 BGB muss die Satzung des Vereins Bestimmungen darüber enthalten, ob und welche Beiträge die Mitglieder des Vereins zu zahlen haben. Die Beiträge müssen nicht unbedingt in Form von Geldleistungen gezahlt werden, auch Sachleistungen sind möglich. Folglich können die Beiträge auch in Komplementärwährungen gezahlt werden.
2) Handelt es sich um echte Mitgliedsbeiträge (der Beitrag wird dazu verwendet, dass der Verein die Gesamtinteressen aller Mitglieder verfolgt, kein Leistungsaustausch mit einzelnen Mitgliedern kommt zustande), d. h. die Beiträge dienen den satzungsgemäßen Zwecken des Vereins, unterliegen sie nicht der Umsatzsteuer. Findet jedoch ein Leistungsaustausch statt, wird auf die Leistungen Mehrwertsteuer erhoben. Die Einzelheiten sind kompliziert und im Einzelfall sehr umstritten, sodass sich eine gründliche Prüfung empfiehlt.
SCHRITT 7: TAUSCH VON CRC IN EURO
Anfangssaldo:
Circle Startup Agentur Verein: 600 CRC (300 Nico-Tokens + 300 Helga-Tokens)
Ablauf:
Die Mitglieder des Circle Startup Agentur Vereins haben beschlossen, ein Open-Source-Softwareprojekt zu entwickeln. Sie tauschen ihre 600 CRC auf einer dezentralen Börse gegen 40 Euro bei der Circles Coop ein, um damit die Arbeitgeberanteile ihrer angestellten Programmierer/innen und die Steuern des Vereins in Euro zu bezahlen.
Schlusssaldo:
Circles Coop: 600 CRC (300 Nico-Tokens + 300Helga-Tokens)
Circle Startup Agentur Verein: 40 €
FRAGE:
1)Was passiert steuerlich bei dem Verein (oder einer anderen gewerblich tätigen Person, z. B. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Genossenschaft), der theoretisch einen Wechselkursverlust von 20 Euro hat?
2) Was passiert steuerlich bei der Circles Coop beim Kauf von CRC-Tokens?
3) Wie wird der Wechselkursgewinn steuerlich verrechnet, wenn Circles Coop die (für 40 Euro) gekauften 600 CRC gegen eine Ware oder Dienstleistung im Wert von 600 CRC = 60 Euro bei einem anderen Anbieter eintauscht?
4) Welche regulatorischen Aspekte sind beim Umtausch von Euro in CRC zu beachten?
ANTWORT:
1) Je nach dem Wert, zu dem die 600 CRC beim Verein eingegangen sind, kann ein Wertverlust eintreten. Erhält der Verein beispielsweise 600 CRC (Wert 60 Euro) als Mitgliedsbeitrag und verkauft 600 CRC (Wert 40 Euro) an der Börse, kann ein steuerlich relevanter Verlust von 20 Euro entstehen.
2) Es entstehen Betriebskosten in Höhe des Wertes der CRC (40 Euro) zum Zeitpunkt des Kaufs der Tokens und des Erhalts der Ware oder Dienstleistung (600 CRC).
3) In diesem Fall würde die Circles Coop einen steuerlich relevanten Gewinn von 20 Euro erzielen, wenn sie die 600 CRC für 60 Euro verkauft.
4) Die Verwendung von CRC als Zahlungsmittel ist aus regulatorischer Sicht unproblematisch. Sie wird erst dann relevant, wenn die Circles Coop sich als Marktplatz für den Austausch von Tokens zur Verfügung stellt. Über die Circles Coop können z. B. Nico-Tokens gegen Helga-Tokens getauscht werden. Damit liegt ein sogenannter Eigenhandel vor, der einer Lizenz bedarf.